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unterrichtende Lehrkräfte: 5
unterrichtet ab der 5. Klasse
Was ist Ethik?
„Darf ich meinem Banknachbarn bei der Abfrage einsagen? Schließlich helfe ich ihm doch, das kann doch nicht schlecht sein."
Hier handelt es sich um eine Frage, die viele Schüler/innen seit Generationen bewegt, eine Frage, die durchaus Gegenstand des Ethikunterrichts sein kann. Thematisierte Gewissenskonflikte dieser Art bieten Anlass, verschiedene Haltungen und dahinter liegende Werte gegeneinander abzuwägen wie „Bin ich nicht verpflichtet meinem Schulkameraden helfen?" versus „Betrüge ich jemanden mit meiner Hilfe? Den Lehrer, meine Mitschüler oder sogar meinen Schulkameraden?"
Ausgehend von sehr konkreten Thematiken wie dem eingangs erwähnten Beispiel stellen sich die Schüler/innen mit ihren persönlichen Meinungen den Erkenntnissen der unterschiedlichen Philosophen oder Psychologen. Kant z.B. gibt zur Frage des Einsagens eine unbestechliche Prüfmöglichkeit an die Hand: Lässt sich das Einsagen mit dem kategorischen Imperativ „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde." vereinbaren? Offensichtlich nein, denn man kann schon allein aus logischen Gründen nicht wollen, dass von Gesetz her Einsagen Pflicht werden soll.
Um zu einem für sich selbst persönlich stimmigen Ergebnis zu gelangen, setzen sich die Schüler/innen im Ethikunterricht immer wieder mit der Notwendigkeit bzw. Gültigkeit von ethischen Normen und Werten auseinander. Der Themenkreis hat anfangs einen sehr lebenspraktischen Bezug: z.B. „Ich und die Familie", „Ich und die Gemeinschaft", Vergleich verschiedener Religionen in bestimmten Lebensfragen etc. Später folgt dann die Auseinandersetzung mit verschiedensten Denkmodellen der Philosophie. Sittliche Verhaltensweisen werden dabei nicht eingeübt - allenfalls diskutiert.
In ihrem Bemühen um ein präzises Formulieren ihrer Gedanken bekommen die Schüler/innen Hilfestellung durch die Lehrkraft. Im Laufe der Zeit tritt diese immer mehr zugunsten einer eigenständigen Argumentationsführung zurück. Im Laufe der Schulzeit steigert sich so die Abstraktionsfähigkeit des Einzelnen, so dass in der Kollegstufe auch Bereiche wie „Philosophische Ethik", „Freiheit und Determination", „Glück" oder „Recht und Gerechtigkeit" eine fundierte Grundlegung erfahren können.
Zum Ende ihrer Schulzeit sollten die Schüler dann idealerweise in der Lage sein, in einer ethisch verantwortbaren Weise ihre eigene Position hinsichtlich des Zusammenlebens mit den anderen in einer immer komplizierter werdenden Welt zu finden.
So kann dem Art. 131 der Bayerischen Verfassung Genüge getan werden, der vom Schulunterricht fordert „Herz und Charakter [zu] bilden" und die „Achtung vor religiöser Überzeugung, vor der Würde des Menschen und vor der Gleichberechtigung von Männern und Frauen" zu vermitteln. Daneben sollen auch „Verantwortungsgefühl, Hilfsbereitschaft, Aufgeschlossenheit für alles Wahre, Gute und Schöne und Verantwortungsbewusstsein für Natur und Umwelt" gefördert werden.
Für die Vermittlung dieser Ziele eignen sich in besonderer Weise die Fächer, die den Menschen und seine metaphysische Beziehung zur Welt als Unterrichtsschwerpunkt haben: Katholische bzw. Evangelische Religionslehre und Ethik. Das Fach Ethik gibt hier vor allem den Schüler(inne)n Hilfestellung zu ethischen bzw. moralischen Fragestellungen, die nicht getauft sind, einer nicht-christlichen Religion angehören oder aus Gewissensgründen aus dem Religionsunterricht ausgetreten sind.